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Sonntag, 25. Mai 2014

Entrümplungsaufgabe #16: Notlügen, Geflunker & andere Schummeleien





Wenn meine Kinder mal was ganz, gaa-anz Dummes anstellen und dann damit zu mir kommen, so bleibe ich in der Regel erstmal ruhig und wir überlegen gemeinsam, wie wir das ganze Desaster wieder in Ordnung bringen können. Ich halte mich dabei in der Regel an den Gedanken: Was würde man hier von einem Erwachsenen erwarten? Schliesslich bereiten wir die Kinder ja auf das Erwachsenenleben vor, also muss man Ihnen ja auch die „Erwachsenenregeln“ beibringen. 

Wenn ich allerdings merke, dass die Kinder mich zu beschummel versuchen, anlügen oder irgendwas Blödes, das sie angestellt haben vor mir verheimlichen - na dann ist hier erstmal die HÖLLE los. Dann zetere ich hier gefühlte drei Stunden lang herum – das wirkt bei meinen Kindern prima: Lieber kommen sie mit dem Mist gleich zu mir, als sich das anzutun (ausser sie sind sich zu 100% sicher, dass ich’s wirklich nicht rauskriege). 

Ich HASSE es wenn man mich anlügt. Ich finde das echt so was von SCHLIMM.

Und dann lese ich diese Woche gleich mehrfach in der Zeitung/Zeitschriften, dass Erwachsene in der Regel durchschnittlich pro Tag so-und-so-oft (anscheinend ist das unterschiedlich je nach Situation und um wen es dabei geht, z. Bsp. ob Frau oder Mann) lügen.


 „Obwohl Lügen in unserer Gesellschaft verpönt ist, sagt jeder Mensch durchschnittlich 200 Mal am Tag nicht die Wahrheit.“  
WELT ONLINE

Täglich. TÄGLICH. 

Und wenn ich mir das mal so recht überlege….dann tue ich das ja eigentlich auch. So ein Mist.

Wieso aber lügen wir?


  • Weil wir einer unangenehmen Situation aus dem Weg gehen wollen.
  •  Weil wir jemanden nicht verletzen wollen.
  • Weil wir zu faul sind.
  • Weil wir uns selbst schützen wollen.
  • Weil wir andere schützen wollen.
  • Weil wir uns nicht unbeliebt machen wollen.


Am verrücktesten an der ganzen Sache finde ich ja irgendwie, dass wir zum Teil haargenau wissen, wenn uns jemand anflunkert – und trotzdem sagen wir nix dazu, sind froh darüber oder machen sogar mit bei der Flunkerei. Denn:

„Es ist durchaus nicht dasselbe, die Wahrheit über sich zu wissen, oder sie von anderen hören zu müssen.“ 
Aldous Huxley

Trotzdem ist Lügen, Flunkern und Schummeln einfach Mist. Es bringt viel Negatives mit sich:


  • Man hat ein schlechtes Gewissen.
  • Wenn man lügt, ist man gestresst. Sagt man einmal die Wahrheit, ist man zwar auch gestresst, aber man hat es dann „hinter sich“. Wer einmal lügt muss immer weiterlügen. Und es wird immer schwerer damit aufzuhören.
  • Wenn wir schummeln und das okay finden, dann gucken uns das andere ab und es wird bleibt eine Selbstverständlichkeit.
  • Wenn wir schummeln helfen wir dabei mit, eine oberflächliche und scheinbar „perfekte“ Illusion aufrechtzuerhalten. Und dass obwohl wir Oberflächlichkeit doch scheinbar soo-o schlimm finden. Wie sagte Goethe so schön? "Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll." Eine Lüge kommt selten bis gar nicht von Herzen.
  • Vielleicht schützt man den, den man anlügt gar nicht, sondern schadet ihm mit der Lügerei sogar. Vielleicht könnte man durch die Wahrheit bei dem Menschen, den man beschummelt mehr bewegen? Schummeln wir immer weiter, bleibt alles beim Alten. Durch die Wahrheit helfen wir vielleicht manchmal sogar mehr.
  • Wenn wir jemanden anlügen geben wir ihm damit zu verstehen, dass er uns die Wahrheit nicht wert ist. ICH FINDE DAS ABSOLUT SCHLIMM. Wenn mir jemand die Wahrheit sagt, auch wenn sie im ersten Moment ganz schön unangenehm ist, so wiegt für mich die Tatsache, dass ich es meinem Gegenüber wert bin, dass er versucht ehrlich zu mir zu sein, doch noch um so einiges mehr. Schliesslich ist es für sie/ihn auch nicht unbedingt der einfachere Weg, ehrlich zu sein statt zu lügen. 
Wäre es nicht besser, wir würden Wege finden nicht zu lügen? Oder wenn nicht gar nicht dann doch zumindest viel weniger als wir es üblich tun? Das Schummeln etwas weniger als selbstverständlich zu betrachten? Es muss doch möglich sein, die Wahrheit so zu rüberzubringen, ohne dass man den anderen dadurch verletzt. Sollten wir alle nicht besser statt mit der Schummelei zu leben, lernen, besser mit der  Wahrheit umzugehen und diese mit Würde zu ertragen?


Vielmehr sollten wir uns in der Kunst üben, die Wahrheit so zu sagen, ohne dabei zu verletzen. Anstatt unsere Täuschmanöver immer mehr zu perfektionieren.

Tatsächlich bin ich, seit ich Minimalisten bin, viel ehrlicher geworden – und habe mit Erstaunen festgestellt, dass wenn man das selbst ist, die anderen dann auch ehrlicher zu Dir sind. Zugegeben. Es ist nicht immer einfach die „Wahrheit“ gut rüberzubringen. Es kommt halt‘ immer auch auf die Person an, die einem gerade gegenübersteht an. Und zugegeben: noch viel, viel schwerer ist es, damit umzugehen, wenn einem die andren die Wahrheit sagen statt zu schummeln. Statt ein geschummeltes „Och, ich kann heut‘ Abend grad gar nicht, ich hab noch was anderes los!“ ein „ehrlich gesagt bist Du so gar nicht auf meiner Wellenlänge, und ich würde lieber heut‘ Abend alleine sein“ ist echt ätzend. 

Aber zugegeben: Die Wahrheit zu sagen ist manchmal wirklich ein schweres Unterfangen und nicht immer der einfachste Weg. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass wir alle schon so richtig aus der Übung gekommen sind, wenn es darum geht ehrlich zu sein und die ehrliche Meinung anderer zu ertragen. Sicher ist es nicht einfach die richtigen Worte zu finden. Aber einen Versuch ist’s allemal wert, finde ich. Wenigstens versuchen sollte man es schon. Man muss ja nicht gerade mit schwerem Geschütz auffahren, sondern kann es mal bei banalen Dingen probieren, ehrlicher zu sein – damit nicht gleich der Haussegen schief steht. Also ganz sachte mit der Wahrheit – erstmal vorsichtig üben.


„Ein Dutzend verlogener Komplimente ist leichter zu ertragen als ein einzig aufrichtiger Tadel.“  
Mark Twain

Also doch lieber schummeln? Nööö-ö. Ich will das Experiment wagen und wieder einmal statt materiell zu entrümpeln mein Verhalten gegenüber meinen Mitmenschen ausmisten. Ich will versuchen, ehrlicher zu sein und mir bei den Situationen wo ich es nicht bin sorgfältig überlegen warum ich es nicht bin und ob es sich nicht irgendwie vermeiden liesse, dieses Geflunkere.

Klar ist das Lügen in vielen Situationen einfach angenehmer und das kleinere Übel – auf den ersten Blick – ich habe es aber tatsächlich auch schon gemacht, dass ich jemandem ganz offen und ehrlich gesagt habe, dass wir wohl nicht so ganz auf einer Wellenlänge sind – und wisst ihr was? Der Gegenüber meinte ja ihm gehe es genauso! Ist in den ersten paar Sekunden zwar echt unangenehm und man ist verletzt, aber im Nachhinein begegnen wir uns jetzt beide ganz offen und ohne mühselige Ausreden, Schwindeleien und schlechtes Gewissen als Beigeschmack. Das kann sehr befreiend sein. Echt jetzt. (Funktioniert aber natürlich nicht bei jedermann.)

Also: Diese Woche will ich weniger Flunkern und Lügen. Es geht mir vor allem darum mich selbst darauf zu sensibilisieren, wie oft ich das wirklich tue – und in welchen Situationen ich das tue, obwohl es echt nicht nötig wäre. Zwischendurch kann man ja auch einfach mal „die Klappe“ halten statt zu flunkern, oder? 

Ich selbst bin überzeugt davon, dass man so wenig wie möglich Schummeln sollte. Denn wenn man erst damit anfängt – wo ziehen wir dann die Grenze? 

P.S.: Findet Ihr es nicht auch erstaunlich, wie viele verschieden Begriffe es fürs lügen gibt – als ob ein anderer Begriff dafür es zu etwas Besserem/weniger Schlimmem machen würde – flunkern, schummeln, mogeln, lügen, täuschen, schwindeln,….also haben wir anscheinend doch ein schlechtes Gewissen bei unseren Mogeleien- wa‘?



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